Gene Meyers im Portrait

Das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden

Das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (Quelle: MPI-CBG)

"Wir loten hier die technologischen Grenzen aus"

Wiederholbar 99 Prozent der Daten automatisiert richtig zu erklären, ist eine echte Herausforderung. Für den Flügel von Drosophila gelinge das mittlerweile gut. Die Daten seien sauber genug, sodass mit der Software ein vollständiges und ausreichend akkurates Modell erstellt werden könne. Anders sehe das für einen kompletten Organismus wie z. B. C. elegans aus. Dafür seien aktuell weder die Mikroskope noch die verfügbare Software gut genug. „Wir können Muster erkennen und bekommen einen Eindruck über die Zellwanderungen“, sagt Myers, „mit einem vorläufigen angenäherten Modell können wir bereits viele Fragen zumindest qualitativ beantworten.“ Die Anforderungen an eine Langzeitbeobachtung eines lebenden Organismus sind hoch. Limitiert wird Myers zum Beispiel durch die natürlichen Auflösungsgrenzen der Lichtmikroskopie. Wie erreicht man eine höhere Auflösung bei gleichbleibend geringer Lichtenergie, um so das Objekt nicht negativ in seiner Entwicklung zu beeinflussen?

Auch Bildverzerrungen sind ein Problem. Sie werden durch das Gewebe verursacht, z. B. aufgrund der Lichtbrechung an Lipidmembranen. Eine deutliche Verbesserung der Bildqualität wird von Myers erreicht, indem er den Strahlfokus und weitere Parameter in Echtzeit mit einem Computer zur Mikroskopsteuerung automatisch anpassen und justieren lässt. So kann die Auflösung optimiert und Bildartefakte reduziert werden. „Wir loten hier die technologischen Grenzen aus und treiben mit unseren maßgeschneiderten Mikroskopen die Möglichkeiten der Lichtmikroskopie voran“, erklärt Myers. Als Mathematiker, der neu in diesem physikalischen Gebiet ist, ist er begeistert und verwundert zugleich, dass es in diesem Bereich noch unerforschten Raum und so viel zu tun gibt, obwohl Lichtmikroskope schon seit langer Zeit gebaut werden.

Gene Myers Mikroskope sind ganz auf spezielle Anwendungen ausgerichtet. Das Mikroskop für die Embryonalentwicklung von Drosophila ist genau an die spezielle Gestalt des Embryos angepasst. Neben den Mikroskopen für Entwicklungsabläufe im lebenden Organismus baut Myers auch Mikroskope für intrazel-luläre Aufnahmen, um z. B. Organellen, also Objekte die kleiner als 5 µm sind, abzubilden. Hier müssen wieder ganz andere Anforderungen erfüllt werden, wie eine schnelle Zeitauflösung, da interessante Prozesse nur in sehr kurzen Zeitspannen beobacht-bar sind. Die Bildprozessierung erfolgt dabei mit Hilfe von FPGAs und GPUs. Die integrierte Robotik erlaubt es, sich das Objekt am Computer in 3D zu betrachten und auszurichten. Alles in Echtzeit. „Wir können das als Informatiker. Wir sind fantastische Ingenieure. Unsere Mikroskope können Dinge, die herkömmliche Mikroskope nicht können und ermöglichen so Wissenschaft, die sonst nicht möglich wäre“, sagt Myers stolz.

"Das deutsche Universitätssystem bildet fantastische Wissenschaftler aus!"

Seit 2012 ist Gene Myers Gründungsdirektor des neuen Zen-trums für Systembiologie in Dresden, das CSBD, welches die Mission hat, alle Aspekte der Systembiologie in einem Gebäude zu vereinen: analytische Biologie, Bioinformatik und systematische Biologie. „Wir wollen das Beste der Physik für die Modellierung, das Beste aus Informatik, d. h. Computeralgorithmen, -methoden und -techniken sowie das Beste aus systematischen biologischen Arbeiten an Zellen und Geweben zusammenbringen“, betont Myers. Im Prinzip sei das CSBD eine geschickte Kombination aus dem MPI-CBG und dem MPI für Physik komplexer Systeme. „Es ist auf Grundlage einer bereits gut etablierten Zusammenarbeit der Biologen und Physiker in Dresden entstanden.“ Das neue Bürogebäude wird Physiker, Mathematiker und Informatiker beheimaten, die sich aktiv mit der Arbeit der benachbarten Biologen des MPI-CBG und darüber hinaus befassen. Es wird als Rechenzentrum für ein großes Computer-Cluster dienen, eine Highspeed-Line zur TU Dresden wurde bereits aufgebaut, und es wird eine breite Palette an Ressourcen im Bereich optischer Technologien, Interpretation und Modellierung bieten.

Obwohl das Gebäude noch nicht fertiggestellt ist, hat das Zentrum schon seinen Betrieb aufgenommen. Neben Lehrveranstaltungen für Studenten bietet das CSBD ein Postdoktoranden-Programm und Stipendien für Doktoranden. Myers ist es wichtig, die Teams auf höchstem Niveau zusammenzubringen. Dafür reiche es nicht aus, dass sich Postdocs und Doktoranden der mitwirkenden Forschungsgruppen austauschen, wie üblich. Nach seinem Modell arbeiten hauptsächlich die AG-Leiter, „die Experten“, zusammen und setzen sich zu regelmäßigen wissenschaftlichen Diskus-sionen zusammen. Nur so könne dieses Zentrum auf höchster konzeptueller Ebene funktionieren, mit dem Ziel, großartige Grundlagenwissenschaft zu betreiben.

Eugene Myers sieht es als seine größte Herausforderung, die Dinge zu schaffen, von denen er denkt, dass er sie schaffen kann. Er hat immer die Lösung eines Problems vor Augen. Mit seinen aktuellen Aktivitäten ist er gut beschäftigt und auch für die Zukunft ist vorgesorgt. Es gibt einige ungelöste Probleme, die ihn interessieren. „Ein Mechanismus, um physikalische Kräfte auf zellulärer Ebene direkt zu messen, wäre prima. Ich würde gerne hydrostatischen Druck verstehen, und wie Membranen über Kräfte miteinander wechselwirken. Auch die Möglichkeit Einzel-Zell-Sequenzierungen durchzuführen, wäre großartig. Dann könnte man den Expressionsstatus von einzelnen Zellen untersuchen.“ Am MPI-CBG findet Myers alle Voraussetzungen, die er für kreative Arbeit braucht: ein positives Umfeld, motivierte Kollegen, einen gesunden Leistungsdruck und guten Kaffee. „Dieses Institut ist nicht nur ungewöhnlich im Sinne seiner Wissenschaft, sondern auch in seiner Soziologie.“ Auch mit den Forschungsbedingungen in Deutschland ist er äußerst zufrieden. Er schätzt den guten Zugang zu Ressourcen und lobt die sehr gute Qualität der Doktoranden und Postdocs: „Das deutsche Universitätssystem bildet fantastische Wissenschaftler aus“! Nicht zuletzt fühlt er sich aus persönlichen Gründen sehr wohl in Deutschland. Er und seine Frau lieben die Stadt Dresden, ihren Lifestyle sowie die deutsche Kultur.

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Kontakt

Prof. Dr. Eugene Myers
Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik Dresden
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